AGENTUR UND INTERVISION-STUDIO // TEMPORÄRE GALERIE FÜR FOTOGRAFIE UND ANGRENZENDE RICHTUNGEN // LOHSTR. 58 // 49074 OSNABRÜCK


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Ilka Lauchstädt

Film-und Medienkünstlerin

 

 

 


"Die Trägheit des Auges akzeptiere ich nicht."


von Vito Orazem

Jede Eindeutigkeit war ihr ein Dorn im Auge. Die Widersprüche, am liebsten die unaufgelösten, waren Ilka

Lauchstädts Antrieb, um Filme, Fotos, Videos und Installationen zu produzieren. Die Parallelwirklichkeiten und

Vielschichtigkeiten bearbeitete sie nur insoweit, dass die Kunstform eine Differenz zur Wirklichkeit bildete und

in der Zeit Bestand hatte. Mehr als fabuliert hat sie examiniert: vergrößert, angehalten, hervorgehoben, aus einer

anderen Perspektive angesehen.

Dennoch war der wissenschaftliche Diskurs, dem sie hier, in Osnabrück, beim Studium der Medienwissenschaft

begegnete, für sie keine Erkenntnis- sondern vor allem eine Inspirationsquelle, die ihre Sensibilität für die Vielheit

des Uneindeutigen schärfte, wie in ihrer frühen Arbeit »Gilda und Andrew« aus dem Jahr 1986 zu sehen ist.

Ilka Lauchstädt entwickelte bis zu ihrem Tod im Jahr 2008 Erzählstrukturen, die versuchten, den Reichtum der

Wahrnehmung in die Kunst hinüberzuretten. Bereits 1988 zeigte sie auf dem EMAF die Interaktive Arbeit »Terra

Z«, die ihrem Streben nach erzählerischer Vernetzung und visueller Vielschichtigkeit Rechnung trug.

Ilka Lauchstädt tauchte in unscheinbare Welten ein, um sie medial zu durchleuchten und ihnen dadurch einen

Sinn zu geben, so in ihren Arbeiten »Heim und Horizont« oder »Boelckestraße«. Schließlich benutzte sie in der

Installation »Das Entzücken der Botanikerin« die naturwissenschaftliche Realität, um die Mediatisierung der

Naturkreisläufe und das Gedeihen der Bilder zu thematisieren. Wie immer ging es ihr dabei nicht darum, Eindeutigkeiten

festzustellen, sondern eine paradoxe und zugleich banale Wirklichkeit zu beseelen.Wenn sie einmal

schrieb, dass »jedes Bild sein Eigenleben« habe, meinte sie dies nicht metaphorisch, sondern ausnahmsweise

einmal wortwörtlich.


»I do not accept the lethargy of the eye.« (Ilka Lauchstädt)

All kinds of definiteness annoyed her. The inconsistencies, preferably the unresolved ones, were Ilka Lauchstädt’s

motivation to produce films, photos, videos and installations. She only worked on the parallel realities

and complexities to make the art work constituting a difference to reality. She examined rather than fabulated:

she enlarged, stopped, emphasised, view from another perspective.

Nevertheless, the scientific discourse she experienced while studying media sciences here in Osnabrück was

not a source of knowledge to her but, above all, a source of inspiration which sharpened her sensitivity to the

multiplicity of ambiguity, as can be seen in her early work »Gilda und Andrew« from 1986. Ilka Lauchstädt developed

narrative structures until her death in 2008 that endeavoured to transfer the richness of perception to

art. As early as in 1988, she presented the interactive work »Terra Z« at the EMAF, which expresses her ambition

of a narrative networking and visual multiplicity.

Ilka Lauchstädt immersed herself into trivial worlds to investigate them with media and thus give them meaning,

as in her works »Heim und Horizont« (»Home and Horizon«) or »Boelckestraße«. Finally, she used natural

scientific reality in her installation »The Botanist’s Delight« to discuss the influence of media on the circular flow

of nature. At the same time she worked on the autonomous life of the image. As always, she was not concerned

with identifying definiteness but about breathing life into a paradoxical and simultaneously banal reality. When

she once wrote that »every image has its own life« it was not meant metaphorically but, for once, literally.


Essen, 2009


Vito Orazem,
born 1959 in Ljubljana, mediascientist, undertakes theoretical and practical analysis of photography,
holography and new media, focussing on media-immanent aesthetics, marginal phenomena in the media, and
reception processes. He is currently managing director at the Design Zentrum Nordrhein-Westfalen in Essen.



VIDEOS, VIDEOSTILLS AND PHOTOGRAPHY

Ilka Lauchstädt


GILDA UND ANDREW

Gilda ist,wo sonst Andrew ist. Sie denkt mit sich. Andrew

ist anderswo. Irgendwo am Ende der Welt sucht er

... und verliert. Frei nach einer Passage aus Gertrude

Steins ¯IDA® ist die Arbeit ein Spiel um Liebe, Projektionen

und Zeichen. Berührungen finden nur auf der

Ebene des Bildschnitts statt.

Gilda is, where usually Andrew is. She thinks with herself.

Andrew is elsewhere. Somewhere at the end of

the world he searches ... and looses. Based on a passage

of Gertrude Steins ¯IDA® this work is a game of

love, desire and signs. They only come in touch on the

level of cutting.

��D, 1986, U-matic, 7:00


DUNKELLAND

Ilka »jongliert« in ihrem Video mit filmischer Sprache

und lyrischen Texten, die wie Zwischentafeln in Stummfilmen

angelegt sind und das fast schwebend wirkende

dramatische Gerüst bilden, die die traumhaften Szenen

zusammenfügt. »Immer geht es (auch) um Fluchtpunkte,

Linien, die sich in den endlosen Perspektiven der

weiten Landschaften zu verlieren scheinen.«

Ilka Lauchstädt juggles in her Video with cinematographic

and lyrical text-passages which appear like

intertitles in silent movies and construct the subtle

floating dramatic scaffolding which bind the dreamlike

sequences. Vanishing points are in focus, lines

which seem to disappear in the endless perspectives

of the landscape.

��D, 2006, Mini DV, 13:00


THE BOTANIST´S DELIGHT (DAS

ENTZÜCKEN DER BOTANIKERIN)

Mediale Schöpfungen oder Mutationen der Imagination

– zwei Schichten vermischen sich allmählich.

Medial breeding or mutations of imagination - two layers

beginning to mix.

��D, since 2005, Installation and DVD, Loop, 7:00


BOELCKESTRASSE

Ilka Lauchstädts Leuchtkästen zeigen Einzelbilder einer

Videosequenz, einen Tunnel unter der Autobahn.

Es ist ein unbehaglicher Ort des Übergangs, den man

als Fußgänger möglichst schnell durchquert.

Ilka Lauchstädt´s light boxes show stills from a video

sequence, a tunnel beneath a motorway. It is an uneasy

situation of transition a foot passenger will pass

as quickly as possible.

��D, 2007, 4 Videostills, light objects


TEMPELHOF

Zeichensysteme im Schnee. Ein signifikantes Haus in

den Farben Rot und Weiß, das über den Horizont verschoben

ist. Raum und Zeit wird uneindeutig, paradox.

Notations in the snow. A significant house in red and

white, shifted beyond the horizon. Space and time become

ambiguous, paradox.

��D, 2008, 12 photos

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